Nach einer unglaublich starken und intensiven Zeit sind wir am Ostersamstag müde aber glücklich an unserer Schule in Kaan-Marienborn angekommen.
Hier der Reisebericht von Dameria Ehring:
Willkommen zu einer ganz besonderen Reise. Gestartet ist sie am 25. März an einem kalten und regnerischen Morgen auf der Wilhelmshöhe.
Begonnen hat die Reise allerdings viel früher, mit einem Besuch von Stefan Rubertus bei der Good Samaritan International School in Pai-Katanka, Ghana. Seitdem besteht eine Freundschaft zwischen der GSIS und der FCS Kaan-Marienborn. 2014 fand die erste Schulbegegnung statt, damals noch als Hauptschule. 2016 und 2018 folgten dann weitere Reisen, die die Freundschaft und Verbundenheit vertieften. Inzwischen gibt es im Rahmen der Schulbegegnung verschiedene Projekte wie zum Beispiel die Schul-Patenschaften oder das Feeding Project (mehr Infos hier auf dieser Website).
Aber zurück zum 25. März 2023. Corona hatte uns 2020, wie bei so vielem, ausgebremst. Nachwirkungen davon waren unzählige Formulare, Bescheinigungen und bürokratische Hürden, die es im Vorfeld zu überwinden galt. Als der letzte Pass mit Visum von der ghanaischen Botschaft in Berlin zurück war und das letzte Material auf die Koffer verteilt, atmeten wir erst mal aus. Jetzt wurde es ernst mit dem Abenteuer Afrika und dem Besuch in der Schule, für den wir kleine Unterrichtseinheiten und verschiedene Workshops geplant und vorbereitet hatten.
Also, der 25. März - der war kalt und regnerisch und machte den Abschied von den Eltern kurz und schmerzlos. Mit einem FCS-Kleinbus und einem Privat-Bus ging es nach Brüssel, um von dort aus nach Accra zu fliegen. Kleiner Spoiler: ich habe noch nie eine so entspannte Hin- und Rückreise erlebt, bei dem einfach alles geklappt hat. Noch mal Danke an unsere tollen Fahrer!
Großer Spoiler: und wir hatten eine unvergessliche, volle, reiche, herausfordernde und rundum gesegnete Zeit.
Wir - das sind neun Schülerinnen und Schüler und sechs Erwachsene. Zum ersten Mal waren wir eine so große Gruppe. Es war ein großer Segen, wie alle die je eigene Begabung mit einbrachten. Sei es handwerklich, als Kinderkrankenschwester, musikalisch, im sportlichen oder im kreativen Bereich.
Im Vorfeld hatten wir uns schon mit dem Buch „Liebe in Aktion“ von Renke Bohlen befasst und damit, was mit dieser Liebe gemeint ist und wie sie sicht- und spürbar wird.
Liebes Ghana-Team, bei euch ist sie sichtbar geworden! Trotz oder gerade wegen kleineren und größeren Herausforderungen wie achtbeinigen Lebewesen, unterschiedlichen Charakteren auf engem Raum, ungewohntem Essen, einfachen Wohnverhältnissen und sehr anderen Gepflogenheiten.
Sichtbar wurde diese Liebe beim gemeinsamen Singen und Tanzen, beim Reflektieren des Tages, Reden und Beten. Und bei der Begegnung mit den Menschen in Ghana.
Das war ja der Hauptgrund unserer besonderen Reise, die Begegnung mit Menschen. Natürlich gehören auch Souvenirs und Sightseeing dazu. Aber gerade die Sehenswürdigkeiten in Ghana konfrontieren Menschen aus Europa schnell und direkt mit einer unrühmlichen Vergangenheit. Sklavenhandel und Kolonialismus haben die Menschen auf beiden Erdteilen geprägt. Schnell ist man in unreflektierten Denk- und Zuschreibungsmustern. Wenn diese erkannt und beiseitegelegt werden können, entsteht Raum für echte Begegnung und Freundschaften. Natürlich auch dann, wenn man mit offenem Herzen auf Menschen zugeht und ebenso empfangen wird.
Das haben unser Gastgeber Dr. Chris Ampadu, Leiter von Samaritan Strategy Westafrika und die beiden Köchinnen Stella und Patience auf jeden Fall getan! Sie haben gerade an den ersten Tagen in Accra geduldig Fragen beantwortet, erklärt, organisiert und Unterschiede haben wir oft herzhaft weggelacht.
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Unser Reiseplan sah vor, dass wir zu Beginn einige Tage in Accra bei Familie Ampadu verbrachten, deren Haus gleichzeitig die Zentrale von Samaritan Strategy West Africa ist.
Wir hatten vor unserer Reise Kontakt zu einer Organisation, die mit Straßenkindern in Accra arbeitet und außerhalb der Stadt ein Kinderheim mit einer Schule betreibt. Mit dem „Kinderparadise“ hatten wir einen Besuch vereinbart, der uns unvergesslich bleibt. Im „Kinderparadise“ leben ehemalige Straßenkinder, aber auch Kinder mit Gewalterfahrungen in ihren Familien und aus moderner Sklaverei. Die Gründerin und Leiterin, Silke Rösner, lebt ihre Überzeugung, dass die Begegnung und Gemeinschaft mit Gott die inneren Wunden heilen kann. Das „Kinderparadise“ ist ein Ort des Friedens und der gelebten Liebe.
Und voller Leben, Lachen, Singen und Spaß! Unsere Kids wurden von den älteren Schülerinnen und Schülern empfangen und bekamen eine individuelle Schulführung. Die erste Herausforderung, alleine und nur auf Englisch. Anfängliche Berührungsängste waren aber schnell verflogen und wir verbrachten einen Nachmittag mit gemeinsamen Tanzen, Spielen, Singen, Sport und Reden.
Einer der bewegendsten Momente war am Abend, als wir mit Silke und einigen anderen der Mitarbeiter beim Abendessen saßen und zusammen „The Blessing“ sangen, den uralten aaronitischen Segen. „May His favor be upon you (…) and your family and your children - möge seine Gunst auf dir sein (…) und auf deiner Familie und deinen Kindern“. Was für ein Zuspruch für Kinder, die hier eine neue Heimat gefunden haben.
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Ein Lied singen ist nichts Großes. Ein Kind auf den Schoß oder in den Arm zu nehmen auch nicht. Fußball zu spielen, wenn man es sowieso liebt, ist nicht schwer. Aber genau darum geht es, um die kleinen Samen der Liebe. Das Gleichnis mit dem Senfkorn passt nicht nur auf den Glauben!
Unsere letzte Schulbegegnung war 5 Jahre her. Im Leben von Kindern und Jugendlichen sind 5 Jahre eine lange Zeit. Wir wussten nicht, wen wir noch antreffen würden von damals. Wer hatte inzwischen die Schule verlassen, wer war noch da? Wer erinnerte sich noch an uns? Wie würde es sein, nach so langer Zeit wieder ins Dorf und in die Schule zu kommen?
Das Dorf Pai-Katanka liegt an einer lang gezogenen Durchgangsstraße, von der rechts und links kleine Wege zu den Häusern abgehen. „Unsere“ Abzweigung liegt relativ am Anfang des Dorfes. Wir waren spät dran, da unser Bus in Accra erst noch einen Reifen wechseln musste. Inzwischen war es Abend und in Ghana setzt die Dunkelheit ohne Dämmerung ein. Die Aufregung wuchs, trotz der Müdigkeit durch die lange Fahrt. Gleich wären wir am eigentlichen Ziel unserer Reise. Noch eine Kurve - und da waren sie. Mit Trommeln, Singen und Tanzen erwarteten uns die Kinder aus der Schule und aus dem Dorf. Natürlich blieben wir nicht in dem Bus! Kaum war ich ausgestiegen, fiel mir ein Mädchen um den Hals und wollte mich nicht wieder loslassen. Ich hatte sie als Kind bei meinem letzten Besuch vor 7 Jahren kennen gelernt und sie hatte mich nicht vergessen. Der kleine Same der Liebe von damals hatte sich fest gesetzt.
Wie herrlich, wenn neue Samen ausgestreut werden können! Für uns alle ging die Zeit im Dorf und an der Schule viel zu schnell vorbei. Durch unsere Kinderkrankenschwester hatten wir einen neuen Kontakt in die „Clinic“, einer medizinischen Erstversorgungsstation. Fußballspielen, Seifenblasen machen, ein ghanaisches Hüpfspiel lernen, in den kleinen „Shops“ im Dorf einzukaufen - alles Gelegenheiten, diese kleinen Samen auszustreuen.
The Lord bless you ...
Durch die Ferien im Oti-Distrikt hatten wir nur dreieinhalb Tage Zeit direkt am Schulleben teilzunehmen. Diese waren dafür sehr intensiv. Unter dem Motto „Glaube, Liebe, Hoffnung“ trafen wir uns zu Beginn des Tages mit der ganzen Schule zu einer gemeinsamen Andacht.
Danach waren unsere Teens gefragt mit den kleinen Unterrichtseinheiten in den Klassen und bei den Workshops. Sie haben das ganz wunderbar hinbekommen.
Joas und Nick unterstützen Pascal beim Fußballtraining. Lotta war mit Friedel in der Clinic unterwegs. Fine und Naomi beschäftigten die jüngeren Kinder und halfen bei meinem Häkel-Workshop. Finja war mit Melly beim Volleyball dabei und Melina unterstütze Stefan Rubertus beim Song-Workshop (Ergebnis siehe rechts). Elliot und Elija halfen Steve bei den „Carpenter Boys“ im Schreiner-Workshop. Die Schule richtet ein Gebäude mit Schlafräumen ein für die Schülerinnen und Schüler, die einen weiten Schulweg haben. Bis auf die Betten ist dort noch kein Mobiliar. Steve brachte einigen der Schüler bei, wie man einen einfachen Tisch und einen einfachen Hocker bauen kann. Die Idee war, dass die Schüler dann selbst weitere für die Schlafräume bauen können.
Noch ein Spoiler: Der Plan hat funktioniert. Anfang Mai bekamen wir Fotos und Videos von dem Bau weiterer Tische und Hocker.
Der Abschied fiel auf beiden Seiten schwer. Der 25. März schien Jahre her zu sein. Wir hatten die Reise mit viel Glauben und Vertrauen gestartet. Wir haben Gottes Liebe für uns erlebt und gespürt und was für ein Vorrecht es ist, sie weitergeben zu können und selbst zu bekommen. Und wir haben die Hoffnung, dass nichts umsonst ist, was aus Liebe geschieht. Nicht nur deshalb freuen wir uns auf die nächste Schulbegegnung!
Für das Ghana-Team 2023
Dameria Ehring, Schulsozialarbeit FCS Sekundarschule