Caleb – der Anfang eines Patenschaftsprojekts der FCS Kaan-Marienborn

Der vorletzte Abend unseres Aufenthaltes in Pai-Katanga 2014. Es ist ca. 21 Uhr, schon 2 1/2 Stunden nach Dämmerungseinbruch. Im Ort ist es stockdunkel, und auch hier in unserem schlichten Gästehaus-Komplex gibt es nur noch sehr wenig Licht. Alle aus unserem Team sind in ihren Schlafräumen verschwunden. Ich bin als Einziger auf der kleinen Veranda unseres Aufenthaltsraumes übrig geblieben. Da öffnet sich das Tor zu unserem Innenhof und ein Junge kommt mit einem Heft und einem Buch schüchtern auf mich zu. Ich erkenne ihn, er hatte schon am Nachmittag mit einigen anderen Kindern aus dem Ort bei uns reingeschaut und ich hatte vor kurzem mit ihm gesprochen. Er heißt Caleb, ist 14 Jahre alt, geht in die 7. Klasse und ist erstaunlich klein für sein Alter. Er wirkt sehr nett, zurückhaltend aber auch reif. Er sagt, er suche nach einem Erwachsenen, der ihm bei seinen Mathe-Hausaufgaben helfen könne, er hätte bisher niemanden gefunden. Als Mathelehrer fühle ich mich da natürlich gefordert und wir lösen gemeinsam eine schon etwas herausfordernde Algebra-Textaufgabe. Anschließend erzählt er mir auf Nachfrage ein wenig von sich: Bis zum letzten Schuljahr war er ein Schüler der „Good Samaritan Intern. School“ - unsere Partnerschule. Er hat einen älteren und einen jüngeren Bruder.

Der ältere Bruder ist nie zur Schule gegangen und kann ihm daher nicht bei den Hausaufgaben helfen. Auch seine Mutter ist dazu nicht in der Lage und verreist öfter zu ihrer Familie in die nächst größere Stadt Hohoe. Sein Vater ist Lehrer an der öffentlichen Schule im Ort, hat aber keine Zeit und kein Interesse, ihm zu helfen. Diesen Sommer hatte sein Vater ihn von der „Good Samaritan Intern. School“ abgemeldet, da er das Schulgeld nicht mehr bezahlen wollte. So musste Caleb wieder zur öffentlichen Schule gehen. „Die Lehrer dort kümmern sich nicht um uns und es ist ihnen egal, ob wir etwas verstehen“, sagt mir Caleb in seinem einfachen, aber gut verständlichen Englisch. Er wirkt auf mich sehr sensibel und ein wenig traurig, trotzdem sehr gefasst und fest entschlossen, das beste aus seiner Situation zu machen. „Ich will was lernen, ich will es schaffen, auch wenn „das Schicksal“ gegen mich ist!“ - so kommt mir seine Überzeugung vor. Nachdem er nach Hause gegangen ist, gehe ich bei den immer noch sehr warmen Temperaturen auch zu Bett. In dieser Nacht wache ich immer wieder auf. Besonders Caleb geht mir nicht aus dem Sinn. Am nächsten Tag, unserem Abreisetag, spreche ich mit einigen im Team und auch mit den Verantwortlichen der „Good Samaritan Intern. School“ über Caleb. Wenn jemand das Geld bezahlen würde, würden sie ihn gerne wieder aufnehmen, er war ein sehr fleißiger Schüler, wird uns berichtet. Als dann noch klar wird, dass das Schulgeld eines Schuljahres für uns gerade mal das Monatstaschengeld eines unserer älteren Schüler bedeutet, entschließen wir uns spontan, dies aus dem Rest-Budget unserer Reise zu übernehmen. In den letzten Stunden unseres Aufenthaltes besuchen wir ihn und seine Familie bei ihm zu Hause, nur wenige hundert Meter von unserer Unterkunft entfernt. Als ihm berichtet wird, dass er ab Montag wieder zu seiner geliebten alten Schule gehen darf ist er völlig überwältigt und weiß gar nicht, wie ihm geschieht. Später wird mir berichtet, er sei völlig aufgeregt er sei völlig aufgeregt durchs Dorf gelaufen und habe unbedingt unser Auto zur Abreise packen wollen , um uns etwas Gutes zu tun. Welch ein Segen ist es für uns selbst, wenn wir andere segnen! Und wir können es, oft mit nur wenig Aufwand.
Stefan Rubertus